
Die Verletzung ist so gross, dass ich mich nicht bewegen kann. Hilfe. Nein, niemand würde mir helfen. Paralysiert bin ich, völlig bewegungsunfähig. Dieses Ding hat es mir angetan. Es ist an allem schuld. Ein Schmerz in der Magengegend. Weitere Schmerzen im Herz. Es flattert, der Blutdruck ist viel zu hoch. Da fällt mir ein, dass es beim letzen Mal auch so war. Es hat mich auch niedergestreckt. Mich für Tage arbeitsunfähig gemacht.

Aber jetzt scheint es schlimmer. Es hat mich am gleichen Punkt erwischt. Diese Stelle ist eben nicht ausgeheilt. Narben. Nein, eher offene Wunden, in die es wieder hineinstach. Wie ein scharf geschliffenes Messer. Zack. Da hänge ich: Halb liegend, halb sitzend. Gelähmt. Weil es aber kein Blut gibt, ist mein Schmerz nicht zu rechtfertigen. Er kann nicht hergezeigt und schon gar nicht nachvollzogen werden. Dieses Ding muss weg, bevor es noch mehr Schaden anrichtet. Dabei sieht es so harmlos aus. Die richtige Grösse, weich, relativ pflegeleicht, eine Farbe, die überall dazupasst. Die Farbe der Unschuld. Weiss. Ruhig, wie der Schnee. Daran liegt es aber nicht, daran lag es nie.

Das Futter des Mantels besteht aus Blümchen. Feine, in ausgebleichtem Rot. Die Andeutung von Blättchen umrunden das Muster mit einem passenden Grün. Die dunklen Stellen, die Pünktchen im Zentrum der Blümchen suggerieren neues Leben. Die Samen sind wohl fertig, sich vom Wind über die Wiese tragen zu lassen, um dort friedlich neue Blütenbrachten hervorbringen zu können. Nein, die Blüten sind schuldlos. Sie sind nur am Innenfutter des Baumwollmantels. Der weisse Mantel. Wie ein scharfes Küchenmesser hat er mich erwischt. Mitten ins Herz. Wie beim Küchenmesser ist es nicht das Messer, das den Schaden anrichtet, sondern die Person, die das Messer benützt.

Schöne Erlebnisse hatte ich mit dem Mantel. Manche bringen mich trotz meines Zustandes zum Schmunzeln: Flecken verschiedenster exotischer und spannender Gerichte, die immer eine Herausforderung darstellten, hatte ich doch den Mantel danach in seine ursprüngliche Farbe zurückbringen wollen. Auch Möwenexkremente konnte ich schon entfernen. Der Platz war schön: Toller Blick über den Hafen. Nein, es war wohl die Besitzerin davor, die ihn zur Waffe machte. Wenn ich Handcremen und Desinfektionsmittelchen, oder vitaminreichte Getränke in eine Flugzeugkabine mitnehme, bin ich potentiell eine Bombenbauerin, eine Terroristin. Unsichtbare Schmerzen auf einen weissen Baumwollmantel zu laden ist jedoch völlig legal. Sie sind ja nur psychischer Natur. Tatsächlich: Es ist alles nur in meinem Kopf. Der Schädel ist also das Problem. Ein Schädeltrauma?!

Aber nein. Manipulation. Jahrzehntelange Manipulation. Manchmal wäre mir lieber, ich wüsste nicht Bescheid. Nun weiss ich aber Bescheid und bekomme es nicht mehr los. Das Wissen darum, dass das Küchenmesser töten kann, lindert den Schmerz der Verletzung nicht, die man mit diesem angetan hat. Der weisse Mantel. Wie auch der schwarze Wintermantel ist er nur ein kleiner Teil dieser Dauerattacken. Ein kleiner Teil. Sogar nur Teil der Klamottenattacke. Diese verursacht ihn, diesen Schmerz. Aber er wird vergehen. Wie die anderen Verletzungen. Vorübergehend jedenfalls. Eine Narbe wird wohl bleiben. Unausweichlich. Schon schräg: Jahrelang habe ich gute Klamotten bekommen. Sehr praktisch. Hat mir viel Geld gespart. Meist hat es auch gepasst. Sicher nicht immer. Aber es war praktisch. Wenig kaufte ich ein. Bevorzugt wohl im Urlaub. Entspanntes Einkaufen von speziellem Zeugs, das es nicht zu Hause gab. Aber diese konservativen Sachen konnte ich schon immer ganz gut gebrauchen. Vor allem für Geschäftsessen. Gut kann ich aber auch darauf verzichten. Vor allem, weil ich erfahren habe, warum ich sie bekommen hatte. Als ich es erfuhr und meine Sicht der Dinge darlegte, hörte sich der Klamottenstrom auf. Nichts bekam ich mehr. Es ist aber auch gut so. Der Zweck hat die Mittel verdorben. Immer wieder würde ich Stiche bekommen. Schmerzen. Immer wenn mir ein solches Kleidungsstück in die Finger kam. Der Plan der Wirkung der Kleidungsstücke, sowie des weissen Mantels war es, mich schlecht fühlen zu lassen. Sie selbst hatte immer ein Minderwertigkeitsgefühl bekommen, wenn man ihr gebrauchte Kleidung geschenkt hatte. Sie hatte gemeint, dass sich auch mein Minderwert dadurch verstärken würde, hatte gedacht, es würde mir nicht guttun, beim Tragen immer das Gefühl zu bekommen nichts wert zu sein. Das ist also die Waffe, das ist der weisse Mantel.

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